Willy-Brandt-Kreis / Willy Brandt

Willy Brandt - zur Person

18. Dezember 1913

Willy Brandt wird unter dem Namen Herbert Ernst Karl Frahm in Lübeck geboren. Seine Mutter Martha Frahm ist Verkäuferin, seinen Vater, John Möller, ein sozialdemokratischer Lehrer, lernt Brandt nie kennen.
Er wird von seinem Großvater, einem Arbeiter und SPD-Mitglied, großgezogen.

 

1929

Aktive Mitarbeit in der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) Lübecks

1930

Auf Vorschlag des Lübecker Reichstagsabgeordneten Julius Leber wird Brandt in die SPD aufgenommen.

1931

Nach Gründung der "Sozialistischen Arbeiterpartei" (SAP), einer Linksabspaltung der SPD, tritt Frahm über und wird Vorsitzender des Lübecker Jugendverbandes der SAP.

1932

Nach seinem Abitur beginnt Frahm ein Volontariat bei einer Lübecker Schiffsmaklerei.

1933

Flucht vor nationalsozialistischer Verfolgung über Dänemark nach Norwegen. Herbert Frahm nennt sich fortan Willy Brandt.
Studium der Geschichte in Oslo.
Journalistische Tätigkeit und Mitarbeit in der Exilarbeit der SAP.

1936

Im Auftrag der SAP-Auslandsleitung geht Brandt, getarnt als norwegischer Student nach Berlin und reorganisiert die dortige Untergrundgruppe der SAP.

1937

Als politischer Beobachter und Journalist reist Brandt nach Spanien, um auf seiten der Republikaner über den Spanischen Bürgerkrieg zu berichten.

1938

In Folge der Ausbürgerung durch die Nationalsozialisten ist Brandt zunächst ein "Staatenloser".

1940

Nach der Besetzung Norwegens durch deutsche Truppen gerät Brandt vorübergehend in deutsche Kriegsgefangenschaft, ohne erkannt zu werden. Anschließend setzt er sich nach Stockholm ab und arbeitet dort als Journalist. Von der norwegischen Exilregierung erhält er die norwegische Staatsbürgerschaft.

1941

Heirat mit der Norwegerin Carlota Thorkildsen, ihre Tochter Ninja war 1940 geboren worden.

1942-1945

Zusammen mit führenden Vertretern der europäischen Sozialdemokratie wird er in der "Kleinen Internationale" tätig und tritt wieder der SPD bei.

1945/46

Als Korrespondent skandinavischer Zeitungen in Deutschland berichtet er über die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse.

1947

Brandt wird Presseattaché der norwegischen Militärmission in Berlin.

1948

1. Juli: Brandt erhält die deutsche Staatsbürgerschaft zurück und führt sein Pseudonym "Brandt" fortan als amtlichen Namen. Vertreter des SPD-Parteivorstandes in Berlin. Nach seiner Scheidung von Carlota Thorkildsen heiratet Brandt die Norwegerin Rut Hansen (geb. 1920). Aus der Ehe gehen die Söhne Peter (geb. 1948), Lars (geb. 1951) und Mathias (geb. 1961) hervor.

1948/49

Während und nach der Berlin-Blockade arbeitet er eng mit dem Regierenden Bürgermeister von West-Berlin, Ernst Reuter zusammen.

1949-1957

Mitglied des Deutschen Bundestages.

1955-1957

Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses.

1957-1966

Regierender Bürgermeister von Berlin.

1957/58

Vorsitzender des Bundesrats.

1958

Wahl zum Landesvorsitzenden der Berliner SPD und Mitglied des Bundesvorstands der SPD. Mit Ausbruch der Berlin-Krise etabliert er sich politisch als "standfester Vorkämpfer demokratischer Freiheit" und gewinnt damit im westlichen Ausland große Sympathien.

1961

Sozialdemokratischer Kanzlerkandidat gegen Konrad Adenauer.

1961-1963

Gemeinsam mit Egon Bahr, dem Leiter des Berliner Presse- und Informationsamtes, entwickelt Brandt außenpolitische Leitgedanken, die unter den Titeln "Politik der kleinen Schritte" und "Wandel durch Annäherung" veröffentlicht werden und die Basis für seine spätere Neue Ostpolitik bilden.

1964-1987

Parteivorsitzender der SPD.

1965-1992

Mitglied des Deutschen Bundestages.

1965

Sozialdemokratischer Kanzlerkandidat gegen Ludwig Erhard.

1966-1969

Bundesminister des Auswärtigen und Vizekanzler in der Großen Koalition unter Kurt Georg Kiesinger. Brandt handelt das deutsch-französische Truppenabkommen aus, plädiert für den Beitritt der Bundesrepublik zum Atomwaffensperrvertrag und unterstützt den Beitrittswunsch Großbritanniens zur EWG. In der Ostpolitik führt er die von seinem Amtsvorgänger Schröder vorsichtig begonnene Politik der normalen Beziehungen mit den Ostblockländern zügig und systematisch fort. Unter Ablehnung der Hallstein-Doktrin setzt er die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Rumänien und Jugoslawien und die Einrichtung von Handelsvertretungen in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn durch. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings durch die Warschauer-Pakt-Staaten erhält Brandt große internationale Anerkennung durch seine deutliche Absage an Gewalt und Drohung als Mittel der Politik auf der Genfer Konferenz der nicht-nuklearen Mächte (3. September 1968) und der UNESCO-Generalkonferenz am 6. November 1968 in Paris.

1969

Nach den Bundestagswahlen schließen SPD und F.D.P. eine sozial-liberale Koalition mit Willy Brandt als Bundeskanzler und Walter Scheel als Vize-Kanzler und Außenminister. 28. Oktober: In seiner Regierungserklärung verweist Brandt auf die Existenz zweier deutscher Staaten, die "füreinander aber nicht Ausland seien" und gibt die Umwandlung des Ministeriums für Gesamtdeutsche Fragen in Ministerium für innerdeutsche Beziehungen bekannt.

1970

19. März: Treffen mit dem DDR-Ministerratsvorsitzenden Willi Stoph in Erfurt. 21. Mai: Treffen mit dem DDR-Ministerratsvorsitzenden Willi Stoph in Kassel. Beide Innerdeutschen Gipfel zeugen von einem gewandelten deutsch-deutschen Gesprächsklima, das die Basis für eine Normalisierung des deutsch-deutschen Verhältnisses bietet. 12. August: Unterzeichnung des Moskauer Vertrages. 7. Dezember: Unterzeichnung des Warschauer Vertrages zur Normalisierung der wechselseitigen Beziehungen. Mit seinem Kniefall vor dem Ehrenmahl des jüdischen Ghettos in Warschau leistet er als Repräsentant des "anderen" Deutschland stumme Abbitte für die von Deutschen und im Namen Deutschlands verübten Greuel während des "Dritten Reiches". Das amerikanische Nachrichtenmagazin "Time" wählt Brandt zum Mann des Jahres.

1971

10. Dezember: Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis für seine Entspannungs- und Ostpolitik. Im Bundestag bleiben die Ostverträge dennoch Gegenstand harter politischer Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition.

1972

27. April: Das Konstruktive Mißtrauensvotum der CDU/CSU gegen Brandt scheitert im Bundestag. 19. November: Bei den Bundestagswahlen erringt die SPD erstmals die Mehrheit der Sitze. Brandt bleibt Kanzler einer SPD/F.D.P.-Koalition.

1973

7. Juni: Als erster deutscher Bundeskanzler reist Brandt nach Israel. 26. September: Brandt spricht als erster deutscher Bundeskanzler vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York. 11. Dezember: Unterzeichnung des Prager Vertrags über die Normalisierung der wechselseitigen Beziehungen.

1974

6. Mai: Überraschender Rücktritt Brandts als Bundeskanzler nach der Agentenaffäre um den DDR-Spion Günter Guillaume. In seinem Rücktrittsschreiben erklärt Brandt, er übernehme damit die Verantwortung "für Fahrlässigkeiten" im Zusammenhang mit der Affäre und betont, daß ein Kanzler nicht "erpreßbar" sein dürfe - dies war ein Hinweis auf zur Privatsphäre gehörende Angelegenheiten, in die Guillaume Einblick hatte.

1976-1992

Präsident der Sozialistischen Internationale (SI).

1977

Vorsitzender der "Unabhängigen Kommission für internationale Entwicklungsfragen", der sogenannten Nord-Süd-Kommission.

1978

Als SI-Vorsitzender unterstützt er die Bemühungen um eine Lösung des Nahostkonflikts und legt gemeinsam mit dem österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky (1911-1990) einen Friedensplan vor. Der Plan stellt einen Vermittlungsversuch zwischen dem israelischen Sicherheitsbedürfnis und den seitens der arabischen Länder von Israel geforderten Territorialzugeständnissen dar.

1979

Juli: Teilnahme an dem umstrittenen Gespräch zwischen Kreisky und PLO-Chef Arafat (geb. 1929) zur Lösung des Nahostkonflikts.

1979-1983

Mitglied des Europäischen Parlaments.

1980

Februar: Präsentation des Berichts "Das Überleben sichern" der Unabhängigen Kommission für internationale Entwicklungsfragen in New York.

1981

Bei einem Besuch in Moskau erörtert Brandt mit dem sowjetischen Staats- und Parteichef Breschnew Rüstungskontrollfragen.

1983

Februar: Vorstellung des zweiten Berichts der Unabhängigen Kommission für internationale Entwicklungsfragen unter dem Titel "Hilfe in der Weltkrise". Dezember: Nachdem er sich 1980 von seiner Frau Rut Hansen hat scheiden lassen, heiratet Brandt seine langjährige Assistentin Brigitte Seebacher (geb. 1946).

1984

Auszeichnung mit dem Dritte-Welt-Preis in New York.

1985

In Washington erhält Brandt den Albert-Einstein-Friedenspreis. In Moskau trifft er erstmals mit dem kommunistischen Reformpolitiker Michail Gorbatschow zusammen.

1986

Brandt gründet die "Stiftung Entwicklung und Frieden".

1987

Nach parteiinternen Querelen um die von ihm vorgeschlagene Pressesprecherin Margarita Mathiopoulos (geb. 1957) erklärt Brandt nach 23jähriger Amtszeit seinen Rücktritt als Parteivorsitzender. Wahl zum Ehrenvorsitzenden der SPD.

1989

Januar: Bundespräsident Richard von Weizsäcker gibt anläßlich Brandts 75. Geburtstag einen großen Empfang, zu dem auch zahlreiche ausländische Politiker, Staats- und Regierungschefs geladen sind. 10. November: Nach dem Fall der Mauer erklärt Brandt auf einer Freudenkundgebung vor dem Schöneberger Rathaus in West-Berlin: "Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört". Veröffentlichung seiner "Erinnerungen", in denen Brandt eine Bilanz seines politischen Lebens zieht.

1990

November: In persönlichen Gesprächen mit dem irakischen Präsidenten Saddam Hussein erreicht Brandt die Ausreise von 193 im Irak als Geiseln festgehaltenen Ausländern aus dem kriegsbedrohten Land. 20. Dezember: Als Alterspräsident eröffnet Brandt im Berliner Reichstagsgebäude die Sitzung des ersten gesamtdeutschen Bundestages.

1991

Auf Antrag Willy Brandts spricht sich der Bundestag mit 338 zu 320 Stimmen für Berlin als neuen Regierungssitz aus.

1992

8. Oktober: Willy Brandt stirbt in Unkel am Rhein. Im Berliner Reichstagsgebäude wird er mit einem feierlichen Staatsakt geehrt und anschließend auf dem Waldfriedhof in Berlin-Zehlendorf beigesetzt. Dem Staatsakt wohnen mehr als tausend Trauergäste aus aller Welt bei, darunter zahlreiche Staatsoberhäupter und Regierungschefs.